Energiewende vor Ort

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Wie sich CO2-Emissionen im Gebäudesektor reduzieren lassen

 

Der zweite Veranstaltungstag der Energie-Impulse 2021 der Stadtwerke Schwäbisch Hall stand ganz im Zeichen der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung –zentraler Sektor der Energiewende mit großem Nachholbedarf. Die vorgestellten Projekte zeigten innovative technische Wege auf, die wichtige Fortschritte auf diesem Gebiet ermöglichen können.

CO2-Speicherung und neue Wertschöpfung durch Holz-Pyrolyse

 

Den Anfang machte Dr.-Ing. Jochen Link von der KWA Contracting AG. Sein Credo: Biomasse –insbesondere Waldrestholz und Grünschnittholz, das in großen Mengen zur Verfügung steht – ist viel zu schade zum einfachen Verbrennen. Durch die Verwertung von Holzhackschnitzeln in verschiedenen Pyrolyse-Anwendungen in Kraftwerken lässt sich der Wertstoff Holz besser ausnutzen, das heißt, neben der Wärme- und ggf. Stromerzeugung wird zusätzlich Pflanzenkohle gewonnen. Man spricht in diesem Fall von CO2-negativer Energieerzeugung, weil in der Pflanzenkohle CO2 gebunden wird, aus einer Tonne Biomasse bis zu 360 kg CO2. Pflanzenkohle ist eine idealer Kohlenstoffspeicher für den Erdboden mit bodenverbessernden Eigenschaften und ein gefragter Rohstoff für verschiedene Industrien. Kraftwerksbetreiber erschließen damit eine zusätzliche Erlösquelle. Damit sich der aufwändige Pyrolyse-Prozess wirtschaftlich lohnt, ist eine hohe Vollaststundenzahl notwendig, möglichst über 8000 Stunden im Jahr, und eine Erzeugungsleistung von wenigsten 500 kW thermisch. KWA Contracting liefert in typischen Projekten Strom, Wärme, Dampf und Kälte, betreibt die Pyrolyseanlage und kümmert sich auch um die Verwertung der Pflanzenkohle sowie die Vermarktung von CO2-Zertifikaten. Umgesetzt hat KWA Contracting bereits Projekte in der Lebensmittelbranche und in Fernwärmenetzen. Zukunft hat diese Technologie – auch vor dem Hintergrund auslaufender Netzeinspeisevergütungen (z.B. EEG, KWK) – in einer mehrdimensionalen Systemeinbindung mit neuen und zusätzlichen Wertschöpfungsketten.

Daten- und softwarebasierte Energieplanung

 

Dr.-Ing Sven Killinger, Geschäftsführer der greenventory GmbH, berichtete darüber, wie sein Unternehmen Stadtwerke dabei unterstützt, lokale Energiepotenziale besser auszuschöpfen. Seine Software, die er zur Veranschaulich auch als „Google Maps der Energie“ bezeichnet, ermöglicht aus der Vogelperspektive eine systematische gebäudescharfe Inventarisierung für verschiedene Anwendungsfälle. „Unsere Zielsetzung ist es, Entscheidungen im Energiesektor auf ein datenbasiertes Fundament zu stellen, sie damit einfacher zu machen und die kommunale Energiewende voranzutreiben“, so Killinger. „Um gut planen zu können, benötigt man immer einen guten datenbasierten Überblick.“ Im ersten Projektschritt führt greenventory viele unterschiedliche Datenquellen zusammen, um energierelevante Informationen zu gewinnen und eine konsistente Ausgangslage zu bringen. Die Software erkennt zum Beispiel automatisch bestehende Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen und Dachstrukturen. Im zweiten Schritt geht es um die Interpretation der Informationen, sprich die Ableitung von Potenzialen für den Ausbau erneuerbarer Energien. Im Sinne eines ganzheitlichen, sektorenübergreifenden Ansatzes engagiert sich greenventory auch bei Aufgaben wie Quartiersplanung, kommunale Wärmeplanung, lokale Mobilitätskonzepte, Netz- und Infrastrukturplanung. „Wir unterstützen Stadtwerke zielgerichtet beim lästigen Aufbau der Datengrundlage und ermöglichen und unterstützen eine integrierte Infrastrukturplanung. Die Energiewende ist eine Jahrhundertaufgabe. Wir können einen Beitrag dazu leisten, indem wir eine daten- und softwaregestützte Energieplanung ermöglichen.“

Coole Perspektiven für kalte Nahwärme

 

Wie sich Quartiere CO2-frei mit „kalter Nahwärme“ versorgen lassen, erläuterte Dr. Dirk Pietruschka, Geschäftsführer der enisyst GmbH, anhand von zwei Praxisbeispielen: der Plusenergiesiedlung Wüstenrot und einem Forschungsprojekt in Bad Nauheim. Charakteristisch für beide Projekte ist, dass sie aus großen Erdkollektoren mit Niedertemperarturwärme versorgt werden. In Wüstenrot ist die Kollektorfläche 0,4 Hektar groß, 25 Einfamilienhäuser werden daraus mit Wärme bzw. Kälte versorgt. Raumwärmebereitstellung und Warmwassererzeugung übernehmen dezentrale Wärmepumpen in den Häusern. Vorteil dieses Konzeptes: Im Sommer kann die Anlage auch zur Kühlung der Gebäude genutzt werden, indem die kühlende Kraft des Erdreich in Anspruch genommen wird. Das System in Wüstenrot ist bereits seit 2012 in Betrieb und hat sich bewährt. Die durchschnittliche Jahresarbeitszahl liegt bei 4,4, was die hohe Effizienz unterstreicht. Die Wärmepumpen brauchen also nur etwa ein Fünftel des Stroms für die Wärme, die sie bereitstellen. Da der Strom für die Wärmepumpen aus Photovoltaikanlagen stammt, erreicht man über das ganze Jahr bilanziert eine CO2-neutrale Wärmeversorgung. enisyst ist in beiden Projekten für die Systemsteuerung verantwortlich. Dr. Dirk Pietruschka sieht eine Reihe von Vorteilen für das Konzept der kalten Nahwärme: „Die gekoppelte Steuerung der dezentralen Wärmepumpen ermöglicht einen netzdienlichen Betrieb des Quartiers und eine maximale Eigenstromversorgung. Kleine Stromspeicher in den Gebäuden können die Eigenstromnutzung deutlich erhöhen. Durch die Einbindung von Abwärmequellen wie Abwasserkanälen oder gewerblichen Kälteanlagen entstehen interessante Win-Win-Situationen.“

Melanie Wolf
Melanie Wolf

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