SHERPA-X-Blog

Wie digitale Zwillinge Stadtwerken und der Energiewende zugutekommen

Geschrieben von Stadtwerke Schwäbisch Hall | Feb 20, 2020 1:40:00 PM

 

Durch den Einsatz der Venios Energy Platform machen die Stadtwerke Schwäbisch Hall ihr Stromverteilnetz transparent. Von der Erstellung eines digitalen Zwillings profitiert nicht nur der Netzbetrieb. Der kommunale Versorger verspricht sich auf allen Ebenen der Wertschöpfung Vorteile und damit noch mehr Fitness für die Zukunft. Darüber hinaus beschleunigt es die Energiewende, wenn Asset-Daten lückenlos verfügbar sind und verarbeitet werden können.


Die Infrastruktur für die Stromversorgung in Deutschland wurde nicht gemacht für die Energiewende. Wo früher Strom ausschließlich verbraucht wurde, wird nun immer mehr elektrische Energie eingespeist. Auch die Volatilität der Einspeisung von Solar- und Windstrom verändert die Anforderungen an die Netze. Neue Elemente im Netz wie Stromspeicher und Ladesäulen für Elektromobile bedeuten zusätzliche Herausforderungen für die Netzsteuerung. „Wir haben keine Transparenz in der Mittel- und Niederspannung, um die Netze effektiv bewirtschaften, warten, und planen zu können“, bringt Dr. Jonas Danzeisen, Geschäftsführer der Venios GmbH, den Status Quo auf den Punkt.

Alle relevanten Daten auf einer Plattform vereint

Die Venios Energy Platform (VEP), eine cloudbasierte Software, macht die Netze transparent, indem sie einen digitalen Zwilling erzeugt. Die Stadtwerke Schwäbisch Hall haben diesen Schritt bereits vollumfänglich umgesetzt. Einerseits fungiert die VEP als Daten-Hub. Alle verfügbaren und in irgendeiner Weise netzrelevanten Daten aus den verschiedensten IT-Systemen werden darin versammelt. Typische Datenlieferanten sind das Geoinformationssystem, Asset Management System, Energiedatenmanagementsystem, Netzleitsystem, ERP- und Abrechnungssystem. Auch Messwerte, Wetterdaten und sozioökonomische Daten fließen ein. Zu den besonderen Fähigkeiten der Plattform zählt, dass sie mit allen möglichen Datenquellen und -qualitäten problemlos zurechtkommt.

Aus der Summe aller Informationen bildet die selbstlernende Software einen digitalen Zwilling des Netzes. Obwohl bislang noch kaum echte Messwerte aus dem Netz vorliegen, erzeugt die VEP per Zustandsschätzung ein hoch aufgelöstes, realitätsnahes Abbild der Infrastruktur.

Auf dessen Basis können Netzbetreiber Berechnungen, Simulationen und Manipulationen durchführen. Dies eröffnet vielfältige Möglichkeiten der Optimierung. So können beispielsweise flächendeckend Lastflüsse und Spannung überwacht werden. Zu wissen, wie stark einzelne Netzelemente wie etwa Trafos und Verteilerkästen belastet werden, lässt Rückschlüsse auf ihre Restlebensdauer zu.

Netzberechnungen und Auskünfte innerhalb weniger Minuten

Auch die Netzausbauplanung profitiert von der VEP. In wenigen Minuten lassen sich die Auswirkungen berechnen, wenn ein Anschlussnehmer etwa eine Photovoltaikanlage anschaffen oder sich eine Wallbox zum Laden eines Elektromobils installieren lässt. Das Beantworten einschlägiger Kundenanfragen dauert nur noch ein Zehntel der bislang erforderlichen Zeit – bei gleichzeitig verbesserter Informationsqualität. „Das Netzbetreiber Ressourcen sparen und Mitarbeiter in wertschöpfende Bereiche überführen können, hat einen erheblichen wirtschaftlichen Impact für die Unternehmen“, erläutert Danzeisen.

Darüber hinaus helfe die VEP beim Verbessern der Prognose: „Je genauer der Verteilnetzbetreiber den erwarteten Strombedarf in seinem Netz bei den jeweiligen Lieferanten bilanzieren kann, desto geringer die Prognoseabweichung und desto geringer die Kosten aus dem Ausgleich der Differenzzeitreihe. „Durch die bessere Transparenz wird das Delta zwischen Prognose und Realität ein bewirtschaftbares Gut“, so Danzeisen. „Der Netzbetreiber kann auf Basis von Auslastungsdaten zusätzlich noch entscheiden, ob er schaltbare Lasten vom Netz nimmt, Erzeuger dazu schaltet oder sich auf dem Spotmarkt bedient, um an weiteren Märkten profitieren zu können.“

Zugleich wird das Energieversorgungsunternehmen in die Lage versetzt, neue Produkte zu entwickeln. Beispielsweise könnte es einem Kunden mit PV-Anlage anbieten, einen Speicher dazuzustellen und die Kapazitäten für ihn zu bewirtschaften. Oder das Unternehmen könnte den Wechselrichter der PV-Anlage gegen Vergütung benutzen, um dem Markt Blindleistung bereitzustellen.

Neues Wertschöpfungspotential

„So entsteht auf Basis bestehender Assets sowohl für den Kunden als auch den Versorger neues Wertschöpfungspotential“, resümiert Danzeisen. „Wir sprechen in diesem Kontext automatisch auch über Zukunftsthemen wie automatisierten Netzbetrieb, lokal regulierte Strommärkte, über Redispatch 2.0 und Sektorenkopplung – also zentrale Aspekte der Energiewende. Genau an den Stellen arbeiten wir sehr intensiv mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall zusammen, um für die Transformation des Marktes die richtigen Werkzeuge bereitzustellen. Das ist in Deutschland absolut neu.“

Den Stadtwerken Schwäbisch Hall, die zahlreiche dezentralen Erzeugungsanlagen betreiben, liegt eine intelligente Netzsteuerung besonders am Herzen. Zugleich bietet sich dem Unternehmen durch den Einsatz der VEP die Möglichkeit, weitere Dienstleistungen für andere Versorgungsunternehmen zu entwickeln und zu vermarkten. Für Energievertriebe in ganz Deutschland bieten die Haller unter der Marke SHERPA-X u.a. vielfältige Dienstleistungen im Bereich der After-Sales-Prozess an. Im Netzbereich unterstützen die Stadtwerke andere Netzbetreiber spartenübergreifend bei Aufgaben wie Netzführung, Störungserfassung, Reporting, Überwachung, Netzumschaltungen und Monitoring. Die in der eigenen Querverbundleitwarte erbrachten Services sind bekannt unter dem Namen ASCARI. „Wenn sich die Venios Energy Plattform im eigenen Netz bewährt hat, werden wir auch darauf basierende Services Dritten anbieten können“, sagt Ronald Pfitzer.

Katalysator für die Energiewende

Der Geschäftsführer der Stadtwerke Schwäbisch Hall sieht das Engagement im Verteilnetz als Baustein der Gesamtstrategie: „Die Energiewende findet bei den Bürgern statt und damit im Niederspannungsnetz. Unsere Kunden werden sich aber nur dann in intelligente Netze einfügen lassen, wenn sie Anreize haben, das zu tun. Dafür müssen wir technisch und betriebswirtschaftlich sorgen. Ein vollautomatisierter Datenaustausch auf allen Ebenen ist dafür elementar wichtig. Denn nur so schaffen wir es, beispielsweise Kooperationsmodelle, spezielle Vergütungen oder innovative Tarifmodelle zu entwickeln und anzubieten. Durch die intelligente Vernetzung von Technik und Abrechnung schaffen wir also Freiräume für die Energiewende – für unsere Endkunden, für uns selbst, aber auch für andere Stadtwerke, weil sie keine oder kaum eigene Personal- und IT-Ressourcen aufbauen müssen. Insofern ist die Venios Energy Platform unter dem Strich ein wichtiger Katalysator für die Energiewende.“