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Auf 25 Jahre Softwareentwicklung zurückblicken

 

"Uns steht weiterhin große Dynamik ins Haus“ Ein Interview mit Christian Hartlieb.

25 Jahre sind für eine Software ein hohes Alter. Die Energiebranchenlösung XAP von Somentec ist über all die Jahre für den Markt attraktiv geblieben und zählt zu den Softwarestandards für Versorger. Christian Hartlieb, Mitgründer und Geschäftsführer der Somentec Software GmbH aus Langen, war von Beginn an Architekt der Entwicklung und Regisseur kontinuierlichen Systemwandels. Anlässlich des kürzlich begangenen Firmenjubiläums bat BWK ihn zur Rückschau und Analyse.

Uwe Ladehoff, Olaf Polak und Sie haben 1994 die Somentec Software GmbH gegründet, einen neuen Anbieter von Branchensoftware für den Energiemarkt. Wie kam es dazu?

Das hat eine spannende Vorgeschichte. Uwe Ladehoff betrieb schon vorher eine eigene Softwarefirma, für die ich damals arbeitete. 1990 erhielten wir über einen Kooperationspartner den Auftrag, für einen Fernwärmeversorger aus Ostdeutschland eine Abrechnungssoftware zu entwickeln. Wir setzten damals auf ein eigenentwickeltes Warenwirtschaftssystem auf, das mit rund 100 Installationen im Rhein-Main-Gebiet recht erfolgreich war. Das WAP genannte System – für Wärmeabrechnungsprogramm – fand in den neuen Bundesländern rasch eine Reihe namhafter Anwender.

Parallel begannen die Fernwärmeversorger in Ostdeutschland, sich um die Konzessionen für die Strom-, Gas- und Wasserversorgungzu bewerben und sich zu integrierten Stadtwerken zu entwickeln. Also mussten auch diese Sparten abgerechnet werden. Uwe Ladehoff und ich, beide von Haus aus Softwareentwickler, sahen großes Potenzial für eine neue EVU-Standardsoftware. Mit Olaf Polak fanden wir den geeigneten Vertriebsspezialisten und gründeten am 1. Juli 1994 die Somentec Software GmbH.

Ein durchaus riskantes Unterfangen, oder?

Zweifellos, wobei wir natürlich nicht ganz ohne Absicherung gestartet sind. Geburtshelfer war ein außergewöhnlicher und heute undenkbarer Vorgang: Schon im Februar 1994 hatte ein namhafter ostdeutscher Versorger eine neu zu entwickelnde Multi-Utility-Software bei uns bestellt. Welches Unternehmen würde heute eine unternehmenskritische Software bei einer Softwarefirma bestellen, die noch nicht einmal gegründet war, nur sechs Mitarbeiter hatte, keine entsprechenden Referenzen vorweisen konnte und alles erst neu entwickeln musste? Das neue System haben wir XAP genannt, um auszudrücken, dass damit im Gegensatz zu WAP x-beliebige Medien abgerechnet werden können. Am 1. Juni 1995, nach gut einem Jahr Entwicklungszeit, wurde XAP beim Pilotkunden in den Produktivbetrieb gesetzt.

Was war das Besondere an der neuen Software? Es war vermutlich vorteilhaft, quasi „auf der grünen Wiese“ entwickeln zu können.

Das ist richtig. Wir haben XAP objektorientiert, streng modular und auf Basis eines speziell auf die branchenspezifischen Gegebenheiten ausgerichteten Datenmodells entwickelt, das insbesondere die Unterscheidung nach Sparten und die zeitbezogene Verwaltung von Zuordnungen berücksichtigte. Im Laufe der Zeit hat sich dies mehrfach positiv ausgewirkt. So war es beispielsweise vergleichsweise einfach, neue Anforderungen zu realisieren und auch sehr individuelle Vertragskonstellationen in der Energiewirtschaft innerhalb einer Standardsoftware abzubilden

Wenn Sie auf 25 Jahre Softwareentwicklung zurückblicken, ist vermutlich – abgesehen davon, dass Ihre Software nach wie vor XAP heißt – steter technologische Wandel die einzige Konstante.

In der Tat! Unsere Software XAP hat mit den Jahren zahlreiche Häutungen erlebt. Gestartet sind wir 1995 mit einer zeichenorientierten Oberfläche für die Betriebssysteme MS DOS, Unix und OS/2. 1998 haben wir die grundsätzliche Datenbankunabhängigkeit realisiert und XAP auf Oracle verfügbar gemacht. Im Jahr 2000 haben wir mit der Version 5.0 die grafische Windows-Oberfläche umgesetzt. Mit der Version 7 folgte 2009 unsere Neuentwicklung der prozessorientierten und automatisierten Marktkommunikation. Mit XAP.8 haben wir Anfang 2015 die erste Version des XAP.webservers erstellt und damit die serviceorientierte Softwarearchitektur (SOA) zur praktischen Verfügbarkeit innerhalb der XAP-Systeme gebracht. Seit 2017 haben wir erste Cloud-Anwendungen im praktischen Einsatz. Letztes Jahr ist unser XAP.portal mit komplett neuentwickelter Technik und Web-Oberfläche produktiv gegangen. Aktuell läuft ein Proof of Concept zur Realisierung einer systemweiten Web-Oberfläche auf der Basis des existierenden und erprobten XAP.

Die IT-Dienstleister im Energiemarkt stehen durch die regelmäßigen Prozessänderungen der BNetzA unter enormen Lieferdruck. Wie erleben Sie die Marktentwicklung und die daraus resultierenden Anforderungen an die Produktentwicklung? Nimmt die Dynamik weiter zu?

Den sechsmonatigen Versionszyklus hatten wir in unserem Softwareproduktmanagement und in unserer Entwicklung durch eine geänderte Organisation, Verstärkung des Tests und eine neue Versionsplanungsrichtlinie schnell in den Griff bekommen. Für unsere Kunden und unseren Vertrieb ist es allerdings immer noch gewöhnungsbedürftig, dass wir die neuen Versionen nach Termin und nicht nach Inhalt planen müssen. Die fristgerechte Umsetzung der ständig wiederkehrenden Format- und Prozess änderungen bindet kontinuierlich Ressourcen und bewirkt letztendlich, dass wir die echten Innovationen in der Software langsamer umsetzen können, als wir uns das wünschen. Bei den Formatänderungen, Interimsmodellen und Interimsmodellen des Interimsmodells müssen wir uns notgedrungen mit den Vorgaben oft genug im Kreise drehen. Es ist zu erwarten, dass uns mit der MaKo 2020, dem Zielmodell und der Umsetzung des Messstellenbetriebsgesetzes weiterhin und noch längere Zeit eine große Dynamik ins Haus steht.

Wie hat sich die Partnerschaft mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall auf die Software-Entwicklung bei Somentec ausgewirkt?

Sowohl fachlich als auch persönlich außerordentlich positiv. Für XAP hat es einen großen Sprung vorwärts in Richtung eines serviceorientierten energiewirtschaftlichen Softwaresystems gebracht. Wobei wir unter Serviceorientierung nicht nur Web-Services und Service orientierte Architektur verstehen, sondern auch den Ausbau der Dienstleistungsfreundlichkeit durch Handhabung, Prozessorientierung, Effizienz, Fehlerrobustheit und Automation. Vieles davon wird erst in Kürze so richtig sichtbar und spürbar werden, und dies für alle unsere Kunden und Anwender gleichermaßen.

Also profitieren Sie auch von noch mehr Marktnähe?

Eindeutig ja: Der direkte und unverstellte Austausch zu fachlichen Themen und die praktischen Anforderungen in der täglichen Arbeit eines Stadtwerks stellen für uns einen großen Gewinn dar. Unsere gesellschaftsrechtliche Partnerschaft mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall und die daraus entstandenen persönlichen Beziehungen sind in meinen Augen viel leistungsfähiger als jedes Gold- oder Platin-Partnerprogramm, Anwenderkreise oder auch Kompetenzcenter-Modelle. Sie haben schon angedeutet: XAP soll in die Cloud gehen. Was sind die Pläne? Cloud und Software as a Service sind die Zukunft – auch für die IT-Systeme in der Energiewirtschaft. Softwaresysteme müssen schnell bereitgestellt, schnell produktiv genommen werden können und einfach und sicher zu bedienen sein. Gerade durch die zunehmende Dynamik und Komplexität in den energiewirtschaftlichen Prozessen und der Abrechnung wird dieser IT-Trend auch für eine traditionell eher etwas konservative Klientel befeuert. Mit dem konzerneigenen, modernen und zertifizierten Rechenzentrum in Schwäbisch Hall haben wir die ideale Infrastruktur und eine erfahrene IT-Mannschaft. Neben dem Hosting von XAP-Systemen in unterschiedlichen Mandanten betreiben wir bereits echte SaaS-Lösungen für unser Endkundenportal XAP.portal. Aktuell läuft ein Proof of Concept zur systemweiten Umsetzung einer Web-Oberfläche auf der Basis der existierenden und erprobten XAP-Logik und der Businessprozesse für die Bereitstellung eines reinrassigen Cloud-Produkts. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.

Bitte vervollständigen Sie den folgenden Satz: Wenn ich auf 25 Jahre Somentec zurückblicke, dann freut mich persönlich besonders, …

… dass es uns zusammen gelungen ist und nach wie vor gelingt, den Anspruch, den unser Firmenname transportiert – Somentec steht für Software, Mensch und Technik – in der Realität zu leben. Der Mensch steht dabei in der Mitte. Wir haben eine tolle Truppe mit einem guten Geist und großem Zusammenhalt. Unsere Belegschaft besteht aus vielen außergewöhnlichen Menschen, die mich schon seit zehn, 15 oder auch mehr als 20 Jahren mit ihrer Begeisterung, aber auch mit ihrer konstruktiven Kritik begleiten. Darunter Mitarbeiter, die bei mir ihre Lehre gemacht haben und heute Führungsverantwortung tragen. Natürlich gab es auch immer wieder einmal dunkle Stunden, aber unter dem Strich überwiegen eindeutig die positiven Momente. Schön ist auch zu resümieren, dass wir in all den Jahren nicht nur zusammen geschwitzt, sondern auch viel zusammen gelacht haben.

Herr Hartlieb, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Gerhard Großjohann für die BWK, Ausgabe 08-08/2019.

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